Kolumne Baublatt
Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spiesse zu Sicheln machen.» Ein Zitat aus der Bibel wies damals schon auf die Möglichkeiten von Stahl hinsichtlich Recyclings und Wiederverwendung hin: Stahl zeichnet sich durch einen unendlichen Recyclingkreislauf aus, der nicht nur nahezu verlustfrei möglich ist, sondern auch die Möglichkeiten zum Upcycling kennt. Im Bau finden sich Stahlprodukte in der Massivbauweise als Bewehrung, im Stahlbau als Tragwerk und im Metallbau als Profilsystemen. Hinzu kommen Rohre, Befestigungsmaterial und andere Produkte.
Die Vorteile des Recyclings im sogenannten Elektrostahlwerk liegen auf der Hand: Recycling benötigt 72 Prozent weniger Energie und erzeugt 77 Prozent weniger CO2 im Vergleich zur klassischen Produktion im Hochofen bei deutlich weniger Materialeinsatz. Stahlschrott wird eins zu eins zu Roheisen, während im Hochofen eine Tonne Stahl aus 1,4 Tonnen Eisenerz, 800 Kilo Kohle sowie 420 Kilo Kalkstein, Schrott und Zuschlagstoffe produziert wird. Hinzu kommt, dass die Rohstoffe aus der Nähe des Verbrauchsorts bezogen werden können.
Rund 95 Prozent der eingesetzten Bauprodukte aus Stahl sind Recyclingmaterial. Kein anderes Baumaterial kann hier mithalten. In der Schweiz wird dies von zwei Stahlwerken mit viel Schrott und mit Hilfe von Strom und Gas bewerkstelligt. Der jährliche Stahlverbrauch der Schweiz liegt bei rund 2,5 Millionen Tonnen. Rund die Hälfte kommt aus den Schweizer Stahlrecyclingwerken. Die Bauwirtschaft verbraucht rund 1,2 Mio. Tonnen. Heute sind und acht Tonnen Stahl pro Einwohnerin in der Schweiz im Gebrauch. Jährlich kommen rund 350
Kilo hinzu und 200 Kilo werden zurückgewonnen. Stahlrecycling ist ein Kreislauf, an dem sich die ganze Bevölkerung beteiligt, und er funktioniert ohne staatliche Subventionen.
Das Spielfeld der Baustoffe ist durch ein gewaltiges Vorhaben neu abgesteckt worden: Bis 2050 gibt das
Pariser Abkommen der Schweiz Klimaneutralität vor, ein Ziel, dem auch der gesamte Stahlkreislauf verpflichtet ist. Stahl bringt die besten Voraussetzungen auf dem Weg zur Klimaneutralität mit: ein hohe Recyclingquote und die Langlebigkeit. Wollen wir zukünftig klimaneutral bauen, sind aus unserer Sicht aber drei zusätzliche Schritte zentral: Wir müssen uns einem strikten Cradle-to-CradleAnsatz verpflichten, die Emissionen über
den gesamten Lebenszyklus des Materials betrachten und das kreislaufwirtschaftliche Konzept umsetzen. Alle
Rohstoffe müssen nach dem End of Life erneut verwendet werden. Umweltproduktdeklarationen (EPD) und Building Information Modeling (BIM) geben hier die Möglichkeiten vor.
Rechtlich und politisch hakt es leider in der Schweiz. Sowohl in der Abfallverordnung VVEA als auch in der Bauprodukteverordnung wird der Einsatz von Recyclingbaustoffen explizit gefordert. Die Umsetzung hält mit dem Wunsch des Gesetzgebers leider nicht Schritt. Auch braucht es den politischen Willen, ein CO2-reduziertes
oder sogar CO2-freies Schrottrecycling im Sinne einer Rohstoffpolitik zu unterstützen. Andere Länder haben erkannt, dass hier der Hebel für die Erfüllung des Pariser Abkommens ist.